Kein Substitol mehr erhältlich!!
Offener Brief an die Verantwortlichen
Wir sind entsetzt, empört und wieder einmal Patienten „zweiter Klasse“.

Original-Bild von Memed_Nurrohmad auf Pixabay (bearbeitet von JES)
Als im April 2015 endlich auch retardiertes Morphin als Substitutionsmedikament in Deutschland zugelassen wurde, bedeutete dies Hoffnung und Erleichterung für unzählige Substituierte. Andere Länder, wie zum Beispiel Österreich hatten bereits langjährige gute Erfahrungen hiermit. Trotzdem gab es direkt nach Einführung in Deutschland einen spürbaren Widerstand von Ärzten und Kassen gegen „Substitol®“ (Handelsname des Medikaments). Teils aus Kostengründen, teils mit fadenscheinigen Argumenten, es könne nicht klar abgegrenzt werden von Heroinkonsum bei entsprechenden Untersuchungen auf Beikonsum, teils weil es für den Schwarzmarkt interessant sei, wurde das Medikament abgelehnt. Dabei gilt das für alle anderen Substitute ebens
Die Kassen versuchten damals die Ärzte davon abzubringen Substitol® überhaupt zu verschreiben.
Inzwischen ist das Medikament angekommen und wird immer häufiger mit gutem Erfolg eingesetzt.
Umso schlimmer, dass die Verfügbarkeit derzeit angeblich nicht gesichert ist und schon jetzt viele Substituierte zu anderen Mitteln, wie Methadon und Polamidon zurückkehren müssen. Die Apotheken haben kein Substitol® mehr vorrätig oder können keines mehr bestellen, denn auch Großhandel oder Hersteller können das Medikament nicht mehr liefern.
Bereits vor ungefähr einem Jahr gab es Meldungen, dass der Hersteller in Deutschland die Produktion einstellen wird. Das verunsicherte nicht wirklich, dachten wir doch, mit unzähliger „baugleicher“ Generika auf dem Markt sei die Versorgung gesichert. Des Weiteren gibt es den österreichischen Hersteller des gleichen Medikament Namens „Compensan®“. Da es frühzeitig bekannt war, rechnete niemand mit der Situation, in der wir uns jetzt befinden:
Die in Deutschland zugelassen alternativ zur Verfügung stehenden Medikamente mit retardiertem Morphin haben nur eine Zulassung als Schmerzmedikament und dürfen somit nicht als Substitutionsmedikament verordnet werden.
Bis jetzt gibt es keine Schnellzulassung, der absolut erprobten Medikamente aus Österreich für Substituierte in Deutschland. So bleibt manchen tatsächlich nichts anderes übrig, als erneut umgestellt zu werden und eine sichere Behandlung gegen ein für sie weniger wirksames Medikament einzutauschen. Diese Versorgungslücke wird Instabilität, Depressionen sowie die Verstärkung der Symptome psychischer und anderer Grunderkrankungen sowie Hyperhidrose (krankhaft vermehrtes Schwitzen) zur Folge haben, um nur einige wichtige Begleiterscheinungen zu nennen.
Dies würde bei keiner anderen Patientengruppe so funktionieren. Man stelle sich einmal Diabetiker vor, denen man plötzlich erklären würde, „jaaaaaa ihr Insulin gibt´s jetzt nicht mehr. Also gibt´s schon noch, aber nicht für Sie zugelassen. Jetzt essen Sie mal schön weniger und nehmen was anderes.“
Oder bei Herzpatienten, sofort würden funktionierende Generika „schnellzugelassen“, geht es doch um Leib und Leben.
Wir fordern die verantwortlichen Stellen, wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigungen, das Paul-Ehrlich-Institut, Apotheker und sonstige Entscheider auf, jetzt schnell zu handeln und die Generika zuzulassen.
Keine Zweiklassenbehandlung.
— Torsten Zelgert (Projektleitung) für JES NRW —