Projekt Ältere Drogen gebrauchende Menschen

Mit unserem Engagement in den bisherigen vom MAGS unterstützten Projekten konnten wir die JES-Selbsthilfe in den bestehenden Gruppen und Strukturen maßgeblich stärken. In den Jahren 2016 bis 2023 entstanden darüber hinaus einige neue JES-Gruppen, die sich aktiv an unseren Aktivitäten beteiligen. Insbesondere unser Folgeprojekt „ländliche Versorgung“ brachte das besondere Engagement in der Modelregion Unna hervor. Daraus resultieren vielfältige Kontakte zu Beratungsstellen, Sucht- und Aidshilfen, Sozialdiensten von JVA’s und zu diversen Arbeitskreisen, in denen unsere Projektmitarbeiter, Torsten Zelgert und Björn Peterburs, für ihre Expertise aus Betroffenensicht inzwischen sehr geschätzt werden.

Ein Fazit aus unserer Projektzeit „ländliche Versorgung“ war die mangelnde Versorgung älterer, drogengebrauchender Menschen, die zu unserem aktuellen Projekt geführt hat. Erste Bedarfe traten in Gesprächen mit Betroffenen zutage. Auch bei unseren regelmäßigen Projektbeiräten tauchte das Thema „Ältere Drogen gebrauchende Menschen“ immer wieder auf.

Selbsthilfe wird älter – wie steht’s mit der Versorgung

Auch im Zusammenhang mit Substitution und medizinischer Versorgung im allgemeinem war die mangelnde Bereitschaft von Pflegeeinrichtungen oder -diensten, Ambulanzen und Krankenhäusern, insbesondere auch ältere drogengebrauchende Menschen angemessen zu versorgen, nur spärlich vorhanden. Bereits 2023 haben wir uns speziell der Versorgung mit Schmerzmitteln gewidmet. Wir hatten Erkenntnisse, dass unserer Klientel häufig eine adäquate Versorgung versagt bleibt. Darum entwickelten wir in Zusammenarbeit mit Dr. Maurice Cabanis von der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin (DGS) ein „Schmerzpapier“, das medizinischem Personal als Aufklärung bei der Behandlung von Schmerzzuständen bei Substituierten dienen soll.

Zudem beschäftigen wir uns bereits seit Jahren mit dem Thema Wohnen im Alter. Konkreter wurde dies 2023 beim gemeinsamen Fachtag mit dem Bundesverband JES. Zu diesem Anlass wurden die Ergebnisse der bundesweiten Befragung unter 144 Betroffenen vorgestellt, an deren Erhebung auch JES NRW beteiligt war. Danach lebten zum Befragungszeitpunkt rund zwei Drittel der Befragten allein. Chronisch krank waren knapp 90 Prozent. Die wenigsten – nur 17 Personen – lebten in einer Einrichtung mit Betreuung. Die Unterbringung in einem klassischen Seniorenheim ist für diese Personengruppe unrealistisch.

Wir beschäftigten uns auch mit der Unterbringung älterer Substanzgebrauchender in einem „Tiny House“. Als Notlösung und für bislang Obdachlose wäre diese Wohnform auf geeignetem Gelände mit passender Infrastruktur durchaus denkbar. Für Menschen mit Pflegegrad ist dies nach unserer Erfahrung allerdings nicht der richtige Rahmen.

Primäres Projektziel:

Übergeordnetes Projektziel ist die Beförderung der Auseinandersetzung mit dem Thema innerhalb der Gruppe der Drogen gebrauchenden Menschen und der Suchthilfe sowie die Unterstützung und Zusammenarbeit der Einrichtungen, die Angebote für ältere Drogen gebrauchende Menschen entwickeln und realisieren wollen.

Wir stützen uns dabei auf die JES-Gruppen, Netzwerke und Kontakte in Nordrhein-Westfalen, die in den vergangenen Projektzeiträumen gewachsen oder neu entstanden sind. Für uns gilt daher, die bisherige Unterstützungsstruktur sowohl nach innen als auch nach außen weiterhin zu fördern.

Was sagt die Statistik?

Verlässliche Zahlen gibt es zu unserem aktuellen Thema nur sehr wenige. Eine der wenigen Quellen ist die Hamburger Studie

„Die Bedarfe älterer Konsumierender illegaler Drogen
Zukünftige Anforderungen an Versorgungskonzepte in der Sucht- und Altenhilfe in Hamburg“
erstellt von der Hamburgischen Landesstelle für Suchtfragen (HLS) und dem Zentrum für interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS)

Sie wurde bereits 2008 erstellt. Seither hat sich die Situation noch verschärft, da es immer mehr ältere drogengebrauchende und/oder substituierte Menschen gibt.

Unsere Umfrage

Im Rahmen unseres Projektes befragen wir die für uns erreichbaren Menschen dieser Zielgruppe. Wir erhoffen uns aktuelle Zahlen, Meinungen und Einschätzungen zum tatsächlichen Bedarf.

Screenshot Umfrage Dazu hat JES NRW inzwischen einen eigenen Fragebogen erstellt, der ab Anfang 2025 zum Einsatz kommt. Unsere haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen werden ihn bei ihrer Streetwork nutzen. Wir erheben zudem die Daten in unseren kooperierenden Einrichtungen und stellen den Fragebogen auch über unsere Webseite zur Verfügung, wie wir es bereits erfolgreich mit der Umfrage zur Substitution während der Pandemie getan haben. Wir werten erste Ergebnisse bis Mitte 2025 aus.

Projektleitung:

Torsten Zelgert
Projektleitung JES NRW e.V.
Tel.: 02204 98 40 854
Mail: torsten.zelgert@jesnrw.de

Björn Peterburs
Projektmitarbeiter JES-NRW e.V.
Tel.: 0157-37796193
Mail: bjoern.peterburs@jesnrw.de

An dieser Stelle möchten wir uns nochmals herzlich beim Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales und bei der Aidshilfe NRW bedanken, die das Projekt ältere Drogengebrauchende überhaupt erst ermöglichen. Unser Dank richtet sich auch an die vielen ehrenamtlichen Projektmitarbeitenden und bei den kooperierenden Einrichtungen.

Weitere Angebote

Zusätzlich bieten wir in den ländlichen Gebieten Schulungen, Trainings, Kurzinterventionen/Settings und auch Sucht-Prävention an. Hierzu zählen insbesondere Naloxonschulungen sowie durch Drittmittel finanzierte HCV- und HIV-Schnelltests.

Ein weiteres Angebot besteht in der Möglichkeit, an einem KISS-Programm teilzunehmen (KISS = Kompetenz im selbstbestimmten Substanzgebrauch). Dieses läuft 12 Wochen zu je einem Termin mit einer Stunde pro Woche. Hierbei geht es zunächst um einen bewussten Umgang mit den individuellen Konsummitteln und möglicherweise auch darüber hinaus um Reduktion und auch – wenn gewünscht – um das Ziel der Abstinenz. Die Ziele werden von den Teilnehmenden selbst bestimmt.

Wie in vielen Selbsthilfen üblich beraten und begleiten wir auf Wunsch auch zu Terminen mit Ärzten:innen, beispielsweise Substitutionsärzten:innen, zu Behörden, aber auch zur Psychosozialen Betreuung (PSB).

Selbstverständlich gehört auch Freizeitgestaltung mit zu unseren Angeboten. Nach unserer Erfahrung fördern Sport und gemeinsames Engagement die körperliche und seelische Gesundheit. Sich im Team zu betätigen und Achtsamkeit in einer akzeptierenden Gemeinschaft zu erleben ist uns ein Anliegen.

Unser Ziel ist es gesellschaftliche Teilhabe für Betroffene wieder erlebbar zu machen.

Zu allen Angeboten (wie z.B. zu Projektbeiräten oder Schulungen/Seminaren) besteht für die Teilnehmenden die Möglichkeit der Fahrtkostenerstattung. Darüber hinaus bieten wir für Tages- und Mehrtagesveranstaltungen Unterstützung bei der Organisation der Substitution an.

Projektbeirat geht auch online

Die Pandemie hat uns den Weg für Online-Projektbeiräte „geebnet“, sodass wir diese mittlerweile in Hybrid anbieten, d.h. es besteht die Möglichkeit sowohl Online als auch in Präsenz teilzunehmen.

Den Online-Zugang erhältst Du auf Anfrage an info@jesnrw.de.

Wir treffen uns monatlich an jedem 1. Freitag oder Samstag im Wechsel.

Termine Projektbeirat

04.04.2025, 13:00 - 16:00 Uhr
Gesundheitshaus Unna
Massener Str. 35
59423 Unna

Selbsthilfe braucht Förderung und Unterstützung

Vor 20 Jahren gab es in vielen nordrhein-westfälischen Städten JES-Gruppen. Die damals aktiven Mitglieder mussten ihr Engagement aus vielfältigen Gründen beenden – Gesundheit, finanzielle Mittel, mangelnde Zeit im Rahmen der Substitution.

Dieses verlorene Potential hat das
Projekt JES NRW 2.0
reaktiviert. Dennoch werden in den Kommunen weitere Kooperationspartner gesucht, die das Projekt vor Ort aktiv unterstützen!